Sensburg – Backen mit Uwe

Sensburg – Backen mit Uwe

Gebäck für protestantische und katholische Feiertage 

Einmal mehr hatten die Mitglieder der Gesellschaft der deutschen Minderheit „Bärentatze“ in Sensburg für Herbst 2024 eine Veranstaltung der Reihe „Backen mit Uwe“ geplant. Wie der Zufall wollte, fiel der Termin auf den neunten November und damit zwischen zwei wichtige Feiertage – einen evangelischen und einen katholischen. Entsprechend gab es zwei Backwerke auf einmal.

Der Blick in den Kalender weckte bei Sebastian Jabłoński, dem Vorsitzenden der „Bärentatze“, eine interessante Idee für die neueste Ausgabe des „Backens mit Uwe“, bei der daher zwei Rezepte und die kulturellen Hintergründe vorgestellt werden sollten. „Das Datum liegt genau zwischen dem Reformationstag am 31. Oktober und dem Martinstag mit seinen Bräuchen am 11. November“, erklärte er die Rahmenbedingungen.

Hefeteig eins: Reformationsbrötchen

Einerseits standen Reformationsbrötchen auf dem Programm, ein Hefegebäck, das in seiner Gestalt an die Lutherrose erinnern soll. Vorbild für diese Rose ist eine Darstellung auf einem Fenster in der Kirche im Augustinerkloster in Erfurt, in dem Martin Luther sieben Jahre lang als Mönch gelebt hat: ein schwarzes Kreuz inmitten eines roten Herzens, das wiederum in eine weiße fünfblättrige Rosenblüte eingebettet ist. Denn, so wird Martin Luther in einer Äußerung von 1530 zitiert „der Glaube [gibt] Freude, Trost und Friede und […] weiß ist die Farbe der Geister und aller Engel.“

Es ist nicht einfach, die Farben und vor allem die fünf Blätter in einem Gebäck darzustellen. Es gibt inzwischen Ausstechformen, die das Muster auf jeden Teig bringen, dennoch wird das beim Hefeteig, der dem Reformationsbrötchen zugrunde liegt, nicht so deutlich wie das Rot durch Marmelade und das Weiß durch Puderzucker. Es gibt noch weitere Zutaten wie Rosinen und Zitronat, die das Gebäck vom Geschmack her ein wenig dem Christstollen ähnlich machen, der uns demnächst vor Weihnachten erwartet.

Hefeteig zwei: Stutenkerle

Hefeteig ist auch die Grundlage für das katholische Gebäck. Zum Martinstag gibt es in Deutschland nicht nur Laternenumzüge für die Kleinen oder die schauspielerische Darstellung der Teilung des Mantels durch den Heiligen Martin, den späteren Bischof von Tours in Frankreich, es gibt auch Gänse und Gebäck. Dabei hatte Martin gar nichts gegen Gänse, auch wenn er nicht Bischof werden wollte und er laut Legende durch die Gänse in seinem Stall verraten wurde. Gebraten werden sie trotzdem und es wird gefeiert. Das hat aber traditionell mit dem Ende des landwirtschaftlichen Jahres am 11. November und der Auszahlung der Löhne – zum Teil in Naturalien, eben auch Gänsen – zu tun.

Die Kinder bekamen Süßigkeiten, in wohlhabenden Gegenden wie Posen gab es Martinshörnchen und anderswo Figuren aus Hefeteig. Diese Stutenkerle oder Weckmänner kennt man in Deutschland unter noch vielen weiteren Namen. Ein einfacher Hefeteig wird durch eine Backform oder per Hand zu einer menschlichen Figur geformt, die Rosinen als Augen, Mandeln als Bauchschmuck und regional auch eine Pfeife bekommt. 

Geteilte Grundlage

Eine wunderbare Teigvermehrung gab es in Sensburg nicht; vor der theoretischen Einführung in die Traditionen der beiden Feiertage hatten die „Männer mit den Schürzen“ Sebastian Jabłoński und Uwe Hahnkamp einen Grundhefeteig angesetzt, der im praktischen Teil zur separaten Weiterverarbeitung geteilt wurde. Die eine Hälfte in evangelischer Tradition zum Reformationsbrötchen, die andere zu Weckmännern. Dass weder die einen so richtig nach Rosen noch die anderen richtig nach Männchen aussahen, störte niemanden. Spaß und Gespräche standen im Vordergrund. Und nach einer kurzen Backzeit selbstverständlich das Genießen der fertigen Kunstwerke; doch Vorsicht – Hefeteig sollte nicht warm gegessen werden. Daher mussten sich die Teilnehmer am Ende noch ein klein wenig in Geduld üben. Doch sie lohnte sich, wie am Ende zu hören war.

Organisatoren und Teilnehmer bedanken sich für die finanzielle Unterstützung beim Verband der deutschen sozialkulturellen Gesellschaften in Polen, die die Veranstaltung aus Mitteln des Ministeriums des Inneren und für Heimat der Bundesrepublik Deutschland gefördert hat.

Bilder : Chantal Stannik

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