Auf den Spuren der Vorfahren in der alten Heimat
Dank solcher Menschen lebt Ostpreußen weiterhin in den Herzen der Menschen, auch wenn es auf keiner modernen Landkarte verzeichnet ist. Wer sind sie und warum besuchen sie ihre alte Heimat immer noch?
Im September besuchten bedeutende Gäste Osterode. Zunächst kam in der ersten Septemberhälfte Professor Edgar Steiner, der ehemalige langjährige Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Osterode/Ostpreußen. Dank seines Bemühungen erhielt Osterode zweimal Zuschüsse für die Renovierung der Osteroder Burg und der Kirche in Marienfelde. Er half außerdem, Gelder für die Restaurierung des Dreikaiserbrunnens (heute Denkmal der Europäischen Einheit), den Wiederaufbau des Rathauses und für Gedenktafeln zu sammeln.Er initiierte die Städtepartnerschaft Osterode-Ostróda. Für diese und weitere Verdienste verlieh ihm der Stadtrat von Ostróda 2014 die Ehrenbürgerschaft.
Professor Edgar Steiner reiste nicht allein an. Er wurde von seinem Sohn und Enkel begleitet.Der Sohn hatte die Heimat seines Vaters bereits einmal besucht, für den Enkel war es der erste Besuch. Die diesjährige Visite in Osterode begann in Deutsch-Eylau – beim ewigen Rivalen. Hatten sie sich verirrt oder wollten sie die Osteroder provozieren?
Weder das eine noch das andere. Professor Steiner wurde in Deutsch Eylau geboren, und seine Vorfahren ruhen auf einem der Friedhöfe bei Deutsch Eylau. Er wollte ihre Gräber besuchen. Er wuchs in Osterode auf. Hier besuchte er die Jahnschule – heute die Grundschule Nr. 1 – und das Kaiser-Wilhelm-Gymnasium – heute das Allgemeinbildende Lyzeum Nr. 1. Er fühlt sich bis heute als Osteroder, obwohl er sein gesamtes Erwachsenenleben in Berlin verbracht hat.
Er zeigte also seinem Sohn und Enkel die Orte, die ihm Unterstützung verdanken, sowie das Elternhaus in der heutigen Kościuszko-Straße. Er traf sich mit Bürgermeister Rafał Dąbrowski und besuchte den Sitz der Deutschen Gesellschaft „Tannen“. Er unternahm einen Ausflug nach Hohenstein. Die Woche war für ihn voller Termine, obwohl er bereits 92 Jahre alt ist.
Eine Woche später trafen Mitglieder einer Familie, die sich sowohl für die Stadt als auch für den Oberlandkanal verdient gemacht hat, zu einem einwöchigen Besuch in Osterode ein. Es handelte sich um Helmut Tetzłaff, den Enkel von Adolf Tetzlaff, dem Begründer der Passagierschifffahrt auf dem Kanal. Er wurde von seinen beiden Söhnen begleitet. Einer von ihnen brachte seine Frau und seine zwei kleinen Töchter mit. Man kann sich leicht vorstellen, dass sie sich am meisten für den Kanal interessierten. Sie besichtigten die Rollberge in Buchwalde und das Kanalmuseum, wo unter anderem die Glocke des Schiffes „Seerose“ ihres Vorfahren ausgestellt ist. Sie besuchten auch das Grab von Tetzlaff und seiner Frau, das vom Verein „Tannen“ gepflegt wird, gemeinsam mit Cezary Wawrzyński, dem Direktor der Osterode-Elbinger Schifffahrtsgesellschaft. Er ist ein großer Bewunderer und Kenner des Kanals und Autor mehrerer Bücher darüber. Auf dem Gelände der Osterode-Elbinger Schifffahrtsgesellschaft erlebten sie eine angenehme Überraschung: das Schiff „Heini“ – Adolf Tetzlaffs letztes noch fahrendes Schiff – wartet dort auf seine Restaurierung. In zwei Jahren soll es als Denkmal aufgestellt werden. Sie unternahmen außerdem einen Spaziergang auf der Adolf-Tetzlaff-Straße und schauten im Sitz der Gesellschaft „Tannen“ vorbei. Auch Danzig und Hohenstein standen auf dem Programm.
Vor einigen Jahren war Dietmar Langner, Adolfs Enkel über seine Tochter, in Osterode zu Gast.
Führer für beide Familien war Henryk Hoch, der Vorsitzender der „Tannen“ und des Verbands der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren.
„Wir freuen uns über Besuche unserer Landsleute oder ihrer Nachkommen. Es ist ein Zeichen dafür, dass sie sich für die Vergangenheit und ihre Wurzeln interessieren, daraus Selbstwertgefühl schöpfen und die historische Kontinuität bewahren. Dank solcher Menschen weiß ich, dass Ostpreußen weit entfernt in Deutschland in den Herzen der Menschen weiterlebt, auch wenn es auf keiner modernen Karte verzeichnet ist“, sinniert Henryk Hoch.
